Angehörige sind der größte Pflegedienst in Deutschland
Vechta – „Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die einen Angehörigen pflegen, haben es nicht leicht, ihren Beruf und die Pflege zu vereinbaren“, darin sind sich die Betrieblichen Pflegelotsen einig, die sich am vergangenen Donnerstag bei der Fima Big Dutchman in Calveslage zu ihrem zweiten Stammtisch trafen. „Unser Ziel ist es, als vertrauter Ansprechpartner im Unternehmen da zu sein, wenn in der Familie eines Mitarbeitenden ein Pflegefall eintritt. Wir helfen den Kolleginnen und Kollegen dann dabei, sich im „Pflegedschungel“ zurechtzufinden“, erläutert Uwe Hammor von der Firma Grimme Landmaschinen aus Damme.
Um als Betrieblicher Pflegelotse professionell unterstützen und beraten zu können, hatten die Stammtisch-Mitglieder im vergangenen Jahr an einer speziellen Schulung teilgenommen, die vom Verbund familienfreundlicher Unternehmen e. V. Oldenburger Münsterland für die Mitgliedsunternehmen organisiert worden war. „Die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf gewinnt mit Blick auf die steigende Zahl älterer Menschen zunehmend an Bedeutung. Die Unternehmen müssen sich darauf einstellen, denn durch die Pflege von Angehörigen können Mitarbeitende kurzfristig ausfallen oder ihre Arbeitszeit reduzieren müssen. Auch die Folgen einer Überforderung durch die Doppelbelastung von Beruf und Pflege sind nicht zu unterschätzen“, erläutert Renate Hitz, Geschäftsführerin des Verbundes familienfreundlicher Unternehmen.
In dem Kurs, der in Kooperation mit der Firma Kompass GbR aus Osnabrück durchgeführt wurde, lernten die Teilnehmenden, welche Leistungen der Staat für pflegende Angehörige bietet und wie sie mit diesem „Baukasten“ an Leistungen betroffene Kolleginnen und Kollegen professionell beraten und unterstützen können. „Ein Pflegefall kann jeden treffen, das fängt schon bei der Altersgruppe ab 18 Jahren an. Aktuelle Studien zeigen, dass 46 Prozent der Arbeitnehmenden dann nur noch teilweise arbeiten können. Besonders Frauen sind davon betroffen“, erklärt Danja Krampe von der Kompass GbR. Der Stammtisch bietet den Betrieblichen Pflegelotsen die Möglichkeit, sich über ihre Erfahrungen auszutauschen und die eigenen Kenntnisse zu vertiefen. Geleitet werden die Treffen von Danja Krampe.
Als Rednerin war bei diesem zweiten Stammtisch Helga Kölker vom Senioren- und Pflegestützpunkt Vechta zu Gast. Sie zeigte die Leistungen und Angebote auf, die sie und ihre Kolleginnen für Pflegebedürftige und Angehörige bieten. Dazu gehört neben der Beratung auch ein Leitfaden zur Unterstützung bei Pflegebedürftigkeit, eine Vorsorgemappe oder eine Notfalldose, die im Haushalt deponiert wird und alle wichtigen Informationen wie Medikamentenpläne, Informationen zu Impfungen oder Implantaten enthält. „Wir haben ca. 5 Mio. Pflegebedürftige in Deutschland, Tendenz steigend“, zählt Helga Kölker auf. Rund 63 Prozent würden durch Angehörige gepflegt. „Das ist der größte Pflegedienst in Deutschland“, betont sie. „Sie als betrieblicher Pflegelotse können als Türöffner fungieren und Lichtblicke verschaffen“, richtet sie sich an die Anwesenden.
Die ersten Maßnahmen sind in den Unternehmen bereits angelaufen, wie sich beim anschließenden Austausch zeigt. So berichtet Franz-Josef Moormann von der Firma Big Dutchman, dass es bereits eine Auftaktinformationsveranstaltung für die Mitarbeitenden gegeben habe. Betroffene hätten im Nachhinein dann das persönliche Gespräch mit der Personalabteilung gesucht. „Pflege ist ein sehr sensibles Thema, das mit Tabus, Hemmschwellen und Kosten verbunden ist. Es ist nicht leicht sich einzugestehen: Ich brauche Hilfe. Daher spielen die Betrieblichen Pflegelotsen eine wichtige Rolle in den Unternehmen“, erläutert Renate Hitz.
Das nächste Tagesseminar „Betrieblicher Pflegelotse“ wird von der Kompass GbR am 4. September 2024 in Osnabrück angeboten. Teilnehmende aus Mitgliedsunternehmen des Verbundes familienfreundlicher Unternehmen e. V. erhalten einen Rabatt von 10 Prozent auf die Kursgebühr. Der nächste Stammtisch der Betrieblichen Pflegelotsen findet am 12. September 2024 bei der Firma Zerhusen Kartonagen in Damme statt. Auch Interessierte, die noch nicht an der Qualifizierung teilgenommen haben, sind willkommen. Anmeldungen sind jeweils über thust@kompass-gesundheitswesen.de möglich.
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